Berlin
Germany
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without names
Denken und Gedenken
Die Aids-Mahnmale, sind sie nicht, eh schon selten genug vorhanden, kaum noch mehr als – zudem dann oft schwul dominierte – Kranz-Ablegestellen? Die Gedenk-Formen längst fade ‘same procedures’ geworden? Wie wird denn ansonsten – wenn nicht gerade Welt-Aids-Tag ist – in dieser Stadt, in diesen Szenen an die infolge von Aids Verstorbenen gedacht? Einzig eine rote Schleife aus Stahl, mitten auf einer der belebtesten Kreuzungen Berlins, trostlos platziert auf einem Flecken, für den der Name ‘Platz’ sicher ein Euphemismus wäre – ist das eine adäquate Form des Gedenkens? Wollen wir so erinnern, gedenken?
Sind all die verstorbenen Partner, Lover, Liebhaber, Freunde, all die nicht mehr lebenden Weggefährten, Mit-Aktivisten, sind all sie uns nicht mehr wert als einmal im Jahr ein Trauerzug und ansonsten ein tristes Stück Stahl auf einer noch tristeren Kreuzung? „Du weißt doch,“ bemerkte jüngst ein Freund lakonisch mir gegenüber, „diese Stadt ist ‘arm aber sexy’. Vielleicht drückt sie ihre Armut in diesen tristen Denkmälern aus’.“
Bemühungen, eigene passende Formen von Trauer und Gedenken zu finden, zu experimentieren, auch öffentlich, waren früher gängig und sind heute (wieder) eine Rarität geworden. Geht damit nicht auch eine (Re-)Privatisierung der Trauer, des Sterbens einher? An Aids wird nicht mehr öffentlich gestorben, sondern still und leise, und weitgehend unbemerkt im Privaten.
Foto © Ulrich Würdemann ondamaris

22 October 2006
Ulrich Würdemann, Berlin